Sonntag, Dezember 22

«Auro loquente omnis oratio inanis est – wenn das Gold redet, dann schweigt die Welt», dies besagt ein altes lateinisches Sprichwort. In den vergangenen Monaten scheint es sogar so zu sein, dass das Edelmetall davon profitiert, wenn die Welt laut wird. Schliesslich war es in letzter Zeit alles andere als still. Die geopolitischen Unsicherheiten begannen mit Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine, gefolgt vom Säbelrasseln zwischen China und Taiwan, und seit letztem Jahr herrscht wieder Krieg im Nahen Osten. Der Goldpreis stieg 2022 in einem Umfeld, in dem Aktien und Anleihen stark fielen, leicht an. Im Jahr 2023 gewann das Edelmetall rund 14Prozent und in diesem Jahr stieg der Goldpreis pro Unze um weitere 16Prozent.

von Luca Carrozzo

Doch was sind die Gründe für diesen markanten Anstieg? Oft wird behauptet, dass Gold einen optimalen Schutz vor Inflation bietet. Die Verbraucherpreise sind jedoch seit dem Höchststand im Jahr 2022 kontinuierlich gesunken – und dennoch steigt der Goldpreis. Wir sind der Meinung, dass Gold nur einen begrenzten Schutz gegen steigende Verbraucherpreise bietet, denn eine Anlage, die als Absicherung gegen Inflation dient, sollte in Zeiten hoher Inflation im Wert steigen, um diese auszugleichen. Die Geschichte lehrt uns aber, dass dies bei Gold nicht immer zuverlässig der Fall ist.

Die geopolitische Lage hat sich sicherlich verschlechtert und dazu geführt, dass Gold als sichere Anlage gesucht wird. Aber nicht nur sie alleine ist für die positive Entwicklung des Goldes verantwortlich. Viel mehr wird der Goldpreis von vielen verschiedenen Faktoren und wechselseitigen Dynamiken beeinflusst, beispielsweise von der Inflation, der US- Verschuldung, der negativen Korrelation zum US-Dollar, den Goldkäufen der Zentralbanken, aber auch von der Tatsache, dass Gold eine endliche Ressource und eine sichere Anlagewährung ist. Und so scheint es, dass es das verlorene uneingeschränkte Vertrauen vieler Grossanleger gegenüber den Weltwährungen ist, das sie dazu bewegt, sich mit dem Edelmetall einzudecken. Auch wenn sich die über längere Zeiträume beobachtete negative Korrelation zwischen Gold und dem US-Dollar in letzter Zeit ins Positive gewendet hat, kann man aus dieser Perspektive immer noch von einer intrinsischen Schwäche sowohl des US-Dollars als auch anderer Währungen sprechen.

Eine weitere wichtige Rolle spielen die Strategien der Zentralbanken. Im Jahr 2022 / 23 haben diese ihre Goldreserven um über 1’000 Tonnen aufgestockt. Das entspricht etwa einem Drittel der Jahresproduktion des Edelmetalls. Ein Bericht des World Gold Council zeigt, dass vor allem östliche Zentralbanken, angeführt von der chinesischen Zentralbank und gefolgt von Singapur und Polen, Gold anhäufen. Dies hat eine preistreibende oder zumindest preisstützende Wirkung.

Goldanleger achten zudem sehr genau darauf, was die wichtigen Zentralbanker sagen und wie sich die Zinssätze der Notenbanken entwickeln. Im vergangenen Jahr trieben vor allem die Aussagen des US-Notenbankchefs Jerome Powell den Goldpreis hin und her. Natürlich ist es für Gold von Vorteil, wenn die Zinsen wieder gesenkt werden. Wir glauben aber, dass die Erwartung von Zinssenkungen bereits Ende letzten Jahres in den höheren Goldpreis eingepreist war.

Und nicht zuletzt haben, wie eingangs erwähnt, geopoli- tische Ereignisse einen Einfluss auf die Nachfrage nach Edelmetallen. Schliesslich führen Kriegsängste natürlich ebenso zu einer allgemeinen Verunsicherung, auch wenn wir derzeit nicht davon ausgehen, dass globale Konflikte der Haupttreiber für den Aufwärtstrend sind.

Ein Blick in die Zukunft zeigt einen rosigen Ausblick für Gold. Kurzfristig sind wir zwar der Meinung, dass sich der Goldpreis nicht ungebremst immer weiter positiv entwickeln wird. Wir gehen davon aus, dass es in naher Zukunft eine Kon- solidierung mit möglichen Wiedereinstiegsmöglichkeiten in Gold geben wird. Längerfristig sehen wir jedoch ein starkes Momentum für Gold und erwarten, dass sich der Goldpreis in Richtung 2’800 US-Dollar bewegen wird.

Bei der Portfoliokonstruktion empfehlen wir eine substan- zielle Goldposition in einem Wertpapierportfolio als günstige Absicherung gegen unvorhersehbare Ereignisse jeglicher Art. Bei etlichen Turbulenzen wird Gold seinem Ruf als härteste Währung der Welt, wie in den vergangenen 1’000 Jahren, auch in Zukunft gerecht werden.

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